Windkraft & Fledermausschutz

Windenergieanlagen (WEA) stellen eine Gefahr für bestimmte Fledermausarten dar. Da sämtliche in Deutschland vorkommenden Fledermausarten unter Naturschutz stehen, können Genehmigungs­behörden pauschal festgelegte Einschaltvorgaben zur Auflage für den Betrieb von Windenergieanlagen machen. Ziel dieser Auflagen ist es, das Schlagrisiko für Fledermäuse zu senken. Mit Hilfe von ProBat können anlagenspezifische Abschaltalgorithmen berechnet werden, die bei gleichem positiven Effekt für die Fledermäuse zu weniger Abschaltverlusten führen.

  • Wie sind Fledermäuse durch Windkraftanlagen gefährdet?

    Nach aktuellem Kenntnisstand werden zumindest einige Fledermausarten von WEA angelockt. Fledermäuse empfinden WEA vermutlich als interessante Struktur – ein möglicher Grund ist die Konzentration von Insekten um die Anlage. Ein Teil der verunglückenden Tiere wird direkt an den Rotorblättern geschlagen, ein anderer Teil fällt vermutlich einem „Barotrauma“ zum Opfer: Bedingt durch Luftverwirbelungen und Druckunterschiede hinter den Rotorblättern reißen die Lungen und inneren Organe der Fledermäuse.

  • Welche Fledermausarten sind besonders betroffen?

    Vor allem die im freien Luftraum jagenden bzw. ziehenden Arten Großer Abendsegler und Kleinabendsegler, Zweifarbfledermaus, Zwergfledermaus, Mückenfledermaus und Rauhautfledermaus sind Kollisionsrisiken ausgesetzt. Sie machen rund 90 Prozent der Opfer an WEA aus. Umstritten ist, welche Auswirkungen die Windenergienutzung insgesamt auf die Populationsentwicklung dieser Arten hat. Da Fledermäuse nur eine sehr geringe Fortpflanzungsrate haben (i. d. R. bekommt ein Weibchen nur ein, maximal zwei Jungtiere pro Jahr), kann sich der Verluste bei kleineren Populationen sehr stark auswirken. Noch weniger geklärt ist der Effekt auf Populationen ziehender Fledermausarten.

  • Welche gesetzlichen Vorschriften bestehen hinsichtlich Fledermausschutz an WEA?

    Die meisten Bundesländer haben landesspezifische Handreichungen zu Artenschutz und Windenergie veröffentlicht. Diese sind sowohl für die zuständigen Behörden als auch für die Projektierer*innen und die Gutachtenbüros wichtige Grundlagen zum Umgang mit artenschutzrechtlichen Anforderungen bei der Planung und Genehmigung von Windenergievorhaben. Die Anzahl der naturschutzrechtlich erlaubten Schlagopfer pro Anlage und Jahr wird in den meisten Länderleitfäden geregelt. Der Schwellenwert noch tolerierbarer Fledermaus-Schlagopfer beträgt je nach Bundesland i. d. R. ein bis zwei Tiere pro Anlage pro Jahr.

  • Worauf beruhen pauschale Abschaltvorgaben?

    Pauschale Abschaltvorgaben werden meist als eine Kombination von Datum, Uhrzeit, Windgeschwindigkeit und Temperatur festgelegt. In der Regel schreiben Genehmigungsbehörden für einen bestimmten Zeitraum im Jahr (häufig April bis Oktober und z.B. ein oder zwei Stunden vor Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang) eine feste Anlaufwindgeschwindigkeit (Cut-In-Windgeschwindigkeit) vor, die höher liegt als die technisch notwendige. Meist können die Anlagen zusätzlich bei niedrigen Temperaturen (z.B. unter 10 °C) und teilweise bei stärkerem Niederschlag (z.B. bei mehr als 5 mm/h) im Normalbetrieb laufen. Das heißt, die Anlagen müssen zu bestimmten Zeiten und abhängig von den meteorologischen Bedingungen zum Schutz von Fledermäusen abgeschaltet bleiben.

  • Worauf beruhen standortspezifische Abschaltungen mit ProBat und inwiefern erlauben diese einen effizienteren Betrieb der Anlage?

    Mit Hilfe der Software ProBat lassen sich standortspezifische und für Monate und Nachtzehntel differenzierte Anlauf­windgeschwindigkeiten ermitteln. Diesen differenzierten Cut-In-Windgeschwindigkeiten liegen standortspezifische Umwelt­paramter sowie die Höhe der jeweils vor Ort ermittelten Fledermausaktivität zu Grunde. ProBat bestimmt die Zeiträume, in denen das Schlagrisiko für Fledermäuse hoch und der Ertrag der Anlage gering ist. In diesen Zeiträumen muss der Rotor „trudeln“ und darf sich nur mit einer niedrigen Geschwindigkeit drehen, indem die Rotorblätter aus dem Wind gedreht („gepitcht“) werden. Das Risiko des Fledermausschlags wird damit auf den behördlich festgelegten jährlichen Durchschnittswert toter Tiere pro Anlage und Jahr reduziert. Gleichzeitig werden die resultierenden Ertragseinbußen minimiert.

     

Fledermausfreundlicher Betrieb von Windenergieanlagen mit ProBat

Fachlich fundierte Berechnung

ProBat ist die in Deutschland am weitesten verbreitete Methode zur Festlegung fledermausfreundlicher Betriebsalgorithmen.

Basierend auf den Forschungs­ergebnissen der RENEBAT-Projekte, den über zwei Jahre gemessenen Fledermaus­aktivitäten an einer Anlage sowie standortspezifischen Umweltpara­metern wird mit ProBat ein für die jeweilige WEA angepasster Betriebsalgorithmus berechnet.

Anerkannter Standard

ProBat ist ein seitens der Gutachter*innen, Betreiber*in­nen und Behörden weitgehend anerkannter Standard: Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Thüringen schreiben in ihren Wind­energie­erlassen bzw. Leitfäden den Einsatz der Software bereits vor. Baden-Württemberg, Hessen, Nieder­sachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen-Anhalt fordern, die Berechnung der Einschaltzeiten nach der RENEBAT-Methode durch­zuführen, die integraler Bestandteil von ProBat ist.

Ein Tool für alle Akteure

ProBat dient Projektierer*innen und Gutachtenbüros als Werkzeug, um auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse fachliche Aussagen über den arten­schutzrechtlich konformen Betrieb einer Anlage zu treffen. Die neue Anwendung ProBat-Inspector vereinfacht es den Behörden, die Einhaltung von beauflagten Abschal­tungen zu überprüfen. Betreiber*innen können mit denselben Auswertungen leichter die Ursachen für nicht erfolgte oder auch unnötige Abschaltungen ermitteln.